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Weinstock und Reben – das ist uns ein vertrautes Bild, mit den vielen Weingegenden in unserem Land. Eine ganz einfache und klare aber wichtige Botschaft will uns Jesus damit vermitteln. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt, sagt Jesus. Das ganze Johannesevangelium, das wir in der Osterzeit jeden Tag hören, spricht von der absoluten Notwendigkeit einer wahren, lebendigen Beziehung der Jünger zu Jesus, wie die wahre, lebendige Beziehung zwischen Gott und den Menschen, die durch die Menschwerdung Gottes zustande gekommen ist, wie wir gleich am Anfang des Johannesevangeliums hören: Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.

 

Die Jünger sollen die Stimme Jesu hören, wie die Schafe, die die Stimme des Hirten hören und ihm folgen. Jesus ist die Tür, der Durchgang zu Gott. Er ist der Weinstock und die Jünger sind die Reben. Er ist die Quelle des lebendigen Wassers, sagt er zu der Samariterin. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben, sagt er dem Volk. Während des Streitgespräches mit den Führern des Volkes sagt er: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben. All diese Bilder zeigen, wie wichtig eine persönliche, lebendige Beziehung der Christen zu Jesus ist. Wie Wasser, Brot und Licht für das Leben wichtig sind, so auch eine innige Beziehung zu Jesus für das geistliche Leben. So konnte er sagen: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Die größte Sünde der Geschichte der Theologie und der Verkündigung ist die Leichtsinnige Art, in der wir über Gott, Religion und Frömmigkeit reden, und dabei glauben, dass das spirituelle Leben etwas Magisches ist und alles mit ein paar Handlungen zu erreichen wäre. So hat man leider Raum geschaffen für eine unerschöpfliche Menge naiver, komischer aber auch gefährlicher, sogar perverser Vorstellungen über Gott. Die Religionen quälten das Gewissen der Menschen mit solchen pathologischen Bildern von Gott und sie haben auch grausame Kriege entfacht. Karl Rahner sagte wohl einen wichtigen und beruhigenden Satz: „Gott sei Dank gibt es das, was 60 bis 80 Prozent der Zeitgenossen sich unter Gott vorstellen, nicht.“

Der Gott Jesu Christi ist ein liebender und barmherziger Vater. Wenn wir diesen Gott erfahren möchten, dann gibt es keine andere Wahl als ihm nahezustehen, bei ihm zu bleiben, seine Stimme zu hören. Es gibt keinen Umweg und keinen Ausweg. Es gibt viele Möglichkeiten dafür. Trotz aller Ärgernissen mit der Kirche und ihren Amtsträgern ist die christliche Gemeinde und Gemeinschaft der geeignetste Ort, um dies zu tun – um gemeinsam sein Wort zu hören, die Eucharistie zu feiern, und die Liebe, die er uns aufgetragen hat, zu bezeugen. Natürlich ist Gottesdienst nicht nur in der Kirche möglich. Nächsten-Dienst ist sicher auch Gottesdienst.

Aber dann müssen wir uns ernsthaft die Frage stellen, wie diese Beziehung zu Jesus zustande kommen kann, wenn man ein Kind nur tauft, und dann nach einigen Jahren die Erstkommunion feiert, und wieder nach einigen Jahren die Firmung feiert und sonst kommt man in die Nähe einer Kirche vielleicht nur noch zu Weihnachten oder bei Hochzeiten oder Begräbnissen? Auch daheim ist meistens nicht viel in Sachen Religion los.

Es geht aus allen Texten der Erscheinungen des auferstandenen Jesus hervor, dass Jesus nur jenen erscheint, die sich ihm gegenüber nicht indifferent verhalten, sondern in einer Beziehung zu ihm stehen. Gotteserfahrungen machen kann, wer nicht in der Unverbindlichkeit des Beliebigen dahinlebt. Gotteserfahrungen kommen nicht aufgrund einer distanzierten Haltung, sondern durch eine engagierte Haltung gegenüber Jesus zustande. Das bedeutet nicht, dass sie alle einfach glaubten. Es gab einen Thomas, es gab einen Paulus, die ihre Probleme hatten; aber indifferent, gleichgültig waren sie nicht. Das hilft dem geistlichen Leben nicht. Gott ist ein Geheimnis, aber er oder sie eröffnet uns den Weg zu sich in Jesus Christus. Nähe zu ihm wird uns Mut und Hoffnung schenken, die wir in dieser Zeit der Prüfungen brauchen.

Dr. Isaac Padinjarekuttu